Samstag, 30. Mai 2009

Mobbing in Korea

Da mich jetzt schon mehrere Leute zum dem Thema befragt haben, schreibe ich jetzt mal einen Blogeintrag zum Thema Mobbing in Korea. Viele von euch haben sicherlich vom Fall der koreanischen Schauspielerin Choi Jin Sil gehört – sie wurde vor ein paar Jahren im Internet so sehr gemobbt, kritisiert und fertig gemacht, dass sie sich das Leben nahm. Seitdem ist die koreanische Regierung sehr darum bemüht einen freundlicheren Umgang in Korea zu verbreiten und das Internet stärker kontrollieren zu lassen (Internet Zensur haben wir hier übrigens auch. Nicht so heftig wie in China, aber alle Seiten gewalttätigen, sexuellen, oder hetzerischen Inhalts sind gesperrt, siehe Screenshot). All das ging in Europa durch die Presse.
Hier allerdings habe ich mehrere meiner koreanischen Freunde zu dem Thema befragt und sie hatten alle nie davon gehört. Weder vom Selbstmord Choi Jin Sils, noch von einer „Freundlichkeits-Kampagne“. Sie waren ganz bestürzt als ich davon erzählte und ihnen sogar englische Artikel im Internet dazu zeigte.

Koreaner sind aber von sich aus schon so wahnsinnig freundlich, dass ich mir jegliche Form von Hetze oder klarer Unhöflichkeit wirklich nur in der Anonymität des Internets vorstellen kann. Persönlich im Gespräch ist mir das noch nie passiert und auch wenn ich mit Koreanern über „nervige Professoren“ oder „aggressive Mitbewohnerinnen“ spreche, bekomme ich maximal ein schüchternes „I think, öhm…. I think I don’t like her“ das hinter vorgehaltener Hand und mit einem nervösen Kichern abgeschwächt wird. Wenn irgendetwas negatives – zum Beispiel im Rahmen einer Gruppenarbeit – gesagt werden muss, oder irgendetwas ermahnendes, dann werden an die SMS oder Email zahlreiche Smilies gehangen „ ~ :D :D :D ^^ ~ “ um es nur ja freundlich zu bleiben. Daran habe ich mich auch schon angepasst. Ich schreibe grundsätzlich keine SMS mehr an Koreaner ohne Smilies…. (Selbstverständlich gibt es ein paar Ausnahmen unter den Koreanern, – hauptsächlich bei denen, die eine Zeit im Ausland gelebt haben – aber das Gros reagiert wie beschrieben.)

Eine Szene in der Vorlesung fand ich neulich dann aber doch überraschend: Als wir in Marketing 20 Werbefilme anaylsieren sollten und bewerten sollten welcher uns am besten und am wenigsten gefiel, sagten meine Teamkollegen einstimmig, dass sie den letzten Spot nicht leiden könnten, weil sie die Schauspielerin nicht leiden könnten. Sie sei zu freizügig und hätte sich operieren lassen* und dies auch noch zugegeben. Ich musste innerlich ein wenig grinsen, da ich mir nicht vorstellen konnte wie wir diese Erklärung unserem Professor erklären könnten. Aber als der Prof am Ende der Stunde SEINE Bewertung vorstellte meinte auch er, dass er den Spot nicht leiden könnte und das Produkt boykottiert – einfach weil er die Frau aus dem Werbespot absolut nicht leiden kann. (Und das von einem Harvard Professor….).

*Kleiner Exkurs zum Thema Operationen: Schönheitsoperationen sind in Korea Gang und Gäbe (insbesondere Nasenoperationen um sie länger und weniger dick zu machen, und „Wangenknochen-Anhebung“ – um das typischerweise sehr runde Gesicht der Koreaner westlicher aussehen zu lassen), allerdings würde hier keine Frau jemals dazu stehen (noch weniger als bei uns in Deutschland!).

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